Eine kurze Geschichte der Philippstraße
Die Philippstraße ist eine alte Innerortsstraße in Düren. Sie beginnt heute am Platz der deutschen Einheit. So wurde 2011 die Kreuzung der Philippstraße mit der August-Klotz-Straße, der Schenkelstraße und der Tivolistraße benannt. In die andere Richtung nach Norden verläuft die vierspurige Straße bis zur Brücke der Bahnlinie Köln-Aachen und geht anschließend nahtlos in die Veldener Straße über. Früher gehörte auch die heutige Victor-Gollancz-Straße vollständig zur Philippsstraße. Dementsprechend sind im folgenden Text einige Gebäude aufgeführt, die sich in diesem früheren Teil der Philippstraße befanden.
An der Stelle, wo heute der Platz der deutschen Einheit und damit die große Straßenkreuzung ist, stand früher einmal das Philippstor. Es war das stärkste und mächtigste Tor der Dürener Stadtbefestigung und lag zudem am tiefsten, was dazu führte, dass der Stadtbach dort seinen Ausfluss hatte und in den Schießbach mündete. Dieser floss weiter durch die Veldener Straße und schließlich in den Mühlenteich. Das Tor selber wurde erstmals 1321 erwähnt. Laut dem Geschichtsschreiber Polius soll ein Bildnis des heiligen Philippus am Tor angebracht gewesen sein. Zwischen dem Heiligen und Düren gibt es allerdings keine nachvollziehbare Verbindung.
Woher Philippstraße und -tor ihren Namen haben ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Es gibt allerdings verschiedene Theorien darüber, wer denn nun dieser mysteriöse "Philipp" gewesen ist:
a) Das Tor wurde nach dem Schöffen Philippus benannt, welcher bereits im Jahre 1302 in Düren als solcher bezeugt wurde.
b) In den Jahren 1357 und 1360 gab es in Düren einen Bürgermeister namens Philippus, nach dem das Tor benannt gewesen sein könnte.
c) Wilhelm Brüll, Autor einer Chronik über Düren, wirft einen weiteren Namen ein: Philipp von Schwaben, der von 1198 bis zu seiner Ermordung 1208 römisch-deutscher König war. Dieser muss wohl am 3. Juni 1208 "bei Düren" eine Urkunde ausgestellt haben, in welcher er dem Bürgermeister von Lüttich die Freiheiten der Stadt bestätigte. Diese Theorie ist auch gar nicht so abwegig, da der König auf der Aachener Krönungs- und Kaiserstraße unterwegs gewesen sein könnte, die damals durch das Philippstor führte. Denn während der Weg nach Aachen heute über die Aachener Straße führt, musste man damals zum Philippstor hinaus durch die heutige Veldener Straße, am Hof Velden und am Siechhaus vorbei, über die Melaten-Rurbrücke und dann durch Mariaweiler, Echtz und Langerwehe.
Im Laufe der Geschichte der Philippstraße befanden sich viele Gebäude auf beiden Straßenseiten, die alle ihren Teil der Geschichte miterzählen.
So wurde am 24. Mai 1438 beispielsweise die Wasserburg Haus Veldenstein erstmals erwähnt. Diese lag auf der westlichen Seite der heutigen Philippstraße unmittelbar vor dem Bahndamm und befand sich fast zwei Jahrhunderte dort, bis sie im Jahre 1634 wieder abgebrochen wurde.
In der Zwischenzeit, im Oktober des Jahres 1520, wurde der Stadthof, also das städtische Materiallager, auf der südöstlichen Seite der Philippstraße gebaut. Genau neben der Stelle, an der in späterer Zeit das Kornhaus stehen sollte.
Etwas mehr als 20 Jahre später, 1542 oder 1543, wurde, vermutlich durch den Magistrat, das Heilig-Geist-Haus gespendet. Es stand südlich der damaligen Franziskanerkirche und schräg gegenüber der Einmündung des Viehmarktes. Das Haus diente zur Unterbringung von alten, arbeitsunfähigen und unterstützungsbedürftigen Einwohner.
In etwa um dieselbe Zeit wurde das St. Agatha Hospital, welches am 27. November 1417 erstmals erwähnt worden war und damals auf der nördlichen Seite der Weierstraße/Ecke Wilhelmsstraße stand, zerstört. Dieses Ereignis aus dem Jahr 1543 führte dazu, dass der Neubau des Gasthauses und Hospitals an der Philippstraße auf dem Gelände der heutigen Peschschule errichtet wurde. Dies geschah zwischen 1543 und 1559. Dort wurden Fremde, Pilger und einheimische Kranke betreut.
Ein gutes Jahrhundert danach genehmigte zunächst am 13. Oktober 1650 der Erzbischof von Köln und im selben Jahr am 16. November auch der Herzog von Jülich die Übersiedlung von drei Aachener Elisabethinnen nach Düren zur Krankenpflege im Gasthaus im Pesch. Die Übersiedlung fand am 6. Januar des Folgejahres statt und erfolgte auf Betreiben von Margarete Kemmerling, geb. Brandroesters, die sowohl Geld als auch Sachspenden stiftete. Im Anschluss an die Übersiedlung wurde von 1658 bis 1673 ein Kloster inklusive Kapelle an der Weierstraße gabaut und das Gasthaus neugebaut. Diesmal erhielt es auch einen Zugang von der Philippstraße.
Nachdem die Elisabethinnen das Gasthauskloster im Laufe der nächsten zwei Jahrhunderte verließen, zogen am 1. Juni 1873 die letzten Insassen des oben genannten Heilig-Geist-Hauses an der Philippstraße in das benachbarte, von den Elisabethinnen verlassene Gasthauskloster um. Das Heilig-Geist-Haus wurde daraufhin abgebrochen.
Etwas mehr als sechs Jahre später, im Oktober 1879, folgte ein weiterer Umzug: Die Bewohner der städtischen Altersversorgungsanstalt zogen nun wieder aus dem Gasthauskloster aus. Als neuer Ort diente ein Gebäude der Pfarrei St. Marien, welches an der Ostseite der Philippstraße lag und bisher von der Knabenschule genutzt worden war. Die Schüler siedelten in die neue Schule im Pesch über. Gegen Ende des Jahres wurde das Gasthauskloster an der Weierstraße mit der Kapelle dann schließlich abgebrochen. Das Grundstück dient seitdem als Verkehrsfläche der dort mündenden Philippstraße.
Ein weiteres geschichtsträchtiges Gebäude in der Philippstraße war das Schlachthaus. Es befand sich auf dem Gelände des Stadthofes und muss wohl schon vor 1550 dort gestanden haben, da für dieses Jahr eine Wiederherstellung des Hauses belegt ist. Mitte des 19. Jahrhundert jedoch galt das Schlachthaus als baufällig und wurde abgebrochen. Als Ersatz wurde in den Jahren 1848-1850 an der Orgelgasse ein Neubau errichtet. Dieser bestand allerdings nur 18 Jahre, bevor er außer Betrieb genommen wurde und seitdem als Turnhalle und später als Jugendkino benutzt wurde.
Auf dem Gelände des alten Schlachthauses dagegen zog bereits am 16. Oktober 1847 die städtische Elementarschule der Marienpfarre ein.
Diese Schule stand direkt neben dem im Oktober 1588 erbauten Kornhaus. Damals hatte der Bürgermeister Gottschalk von Wandloe den Auftrag für das im Stil der niederländisch-niederdeutschen Spätrenaissance errichtete Gebäude gegeben. Das Haus in der Philippstraße diente Düren zunächst als Fruchtspeicher.
In späteren Zeiten wurde das Kornhaus aber anderweitig genutzt: Zunächst diente es als Unterbringung der katholischen Realschule, die im Januar 1869 mit 86 Schülern das von Heinrich Wiethase aus Köln umgebaute Haus bezog. Nach dem Kauf durch die Stadt am 1. Juli 1918, beschlossen die Stadtverordneten 7 Jahre später, dort das Heimatmuseum unterzubringen. Im Zuge dessen wurde das Kornhaus 1936 auch umfassend restauriert.
Besonders aktiv war die evangelische Gemeinde in der Philippstraße. So wurde am 1. Juni 1841 der evangelische Dürener Frauen-Verein gegründet. Dieser eröffnete eine Verwahranstalt für etwa 90 2-4-jährige Kinder unbemittelter oder arbeitender Eltern, im Prinzip also eine Art früher Kindergarten. Für die Verwahrschule folgte am 7. Oktober 1852 der erste Umzug. Es ging von der Philippstraße auf den Steinweg. 36 Jahre danach, am 31. Oktober 1888, musste dann erneut umgezogen werden. Es ging zurück vom Steinweg auf die Philippstraße. Mittlerweile als "evangelische Kleinkinderschule" betitelt, zog man damals mit 98 Kindern in einen Neubau auf der nordöstlichen Seite der Philippstraße mit der Hausnummer 50. Am 1. Oktober 1933 konnte man dann schon ein Jubiläum feiern: 75 Jahre evangelischer Kindergarten.
Neben dem evangelischen Kindergarten befand sich seit dem 11. Oktober 1864 auch eine evangelische höhere Bürgerschule an der Philippstraße, ebenfalls auf der nordöstlichen Seite. Das Gebäude wurde 1944 zerstört. Die Schule gilt als Vorgängerin des Real-Progymnasiums (1882), der Oberrealschule (1895), des Realgymnasiums (1901) und des städtischen Gymnasiums am Wirteltor.
Im Zuge der Modernisierung und des Ausbaus der Stadt wurde 1864, zur Beleuchtung der Philippstraße von der Tivolistraße bis zur Eisenbahn, das Gasröhrennetz erweitert. Zehn Jahre später fing man dann mit der Kanalisierung des Schießbaches an, der mittlerweile als Abwassergraben diente. Zunächst wurde er 1874 von der Schenkelstraße bis zur Einmündung der Kuhgasse in die heutige Philippstraße kanalisiert. 1904 folgte dann die Kanalisation des Mühlenteichs zwischen Philippstraße und Aachener Straße, 1907 geschah dasselbe in der Philippstraße von der Tivolistraße bis zur Michelsmühle. Dies war eine 1909 an der Südseite der Bahnunterführung erbaute Mühle, die bereits 1937 bis auf das Erdgeschoss wieder abgerissen wurde.
Die Kanalisation des Stadtgebietes erfolgte nach dem Trennsystem. Die bedeutete, dass das Regenwasser zur Rur geführt wurde, während Fäkalien und Abwasser auf ein Rieselfeld unterhalb von Birkesdorf geleitet wurden.
Auch Vergnügen und Körperpflege sollten in der Philippstraße nicht zu kurz kommen. So wurde am 27. August 1889 zwischen der Marienkirche und der Eisenbahnunterführung erstmals ein Fohlenmarkt abgehalten. Vier Jahre später, am 1. Februar 1893, wurde neben dem Hospital an der Philippstraße ein Volksbad für Wannen- und Brausebäder errichtet, für das Eberhard Hoesch (ein Namensvetter/Verwandter des kürzlich veröffentlichten Facebook-Post) 40.000 Mark spendete.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war auch in der Philippstraße der Großteil der Gebäude zerstört. Bereits im Oktober 1945 konnte aber notdürftig ein Raum im evangelischen Kindergarten hergerichtet werden, welcher der evangelischen Gemeinde als Kirche diente. Ein halbes Jahr später, am 1. März 1946, überließ die evangelische Gemeinde sogar der katholischen Pfarrgemeinde St. Marien einen Saal des Kindergartens in der Philippstraße, in welchem eine Notkirche für die auf 3.000 Seelen angewachsene Gemeinde eingerichtet werden konnte.
Am 6. Januar 1964 konnte dann auch der Kindergarten als solcher wieder eingeweiht werden.
Neben dem Kindergarten, der als Kirche diente, war nach dem Krieg auch provisorisch das Postamt an der Philippstraße gewesen. Es befand sich in Baracken auf dem Gelände Philippstraße/Ecke Tivolistraße, bevor es am 18. April 1955 an seinen heutigen Platz (Kölnstraße/Ecke Hohenzollernstraße) umzog.
Zum Ende hin sei gesagt, dass sowohl die Gaststätte "Zum Franziskaner", als auch das St.-Maria-Hilf-Hospital Teil der Geschichte der Philippstraße waren. Diesen beiden Themen wollen wir aber in der kommenden Woche noch jeweils einen größeren Beitrag widmen.